Die Verwaltungsschale

Wie in den allgemeinen Informationen zu Industrie 4.0 dargestellt, dient die sogenannte Verwaltungsschale (engl. „Asset Administration Shell“ – AAS) als Kernkomponente zum Anschluss von Gegenständen bzw. Assets an die digitale Welt. Sie stellt die technische Realisierung des „digitalen Zwillings“ eines Gegenstandes bzw. eines Assets dar (engl. „Digital Twin“) und ist somit eine Art digitales Abbild dieses Gegenstandes.

Die Verwaltungsschale soll einen Gegenstand über seine gesamte Lebensdauer begleiten: von der Herstellung über die Inbetriebnahme und den Einsatz in einer Maschine bzw. Anlage bis zu seinem Lebensende und der anschließenden fachgerechten Entsorgung bzw. Weiterverwertung. Sie wird daher auch als „Digitaler Produkt-Pass“ oder „Digitale Lebensakte“ eines Assets bezeichnet (engl. „Digital Product Passport“ / „Digital Product File“).

Ein weiterer besonderer Aspekt einer Verwaltungsschale ist, dass sie bereits zum Entwurfszeitpunkt einer Maschine bzw. Anlage dazu dienen kann, alle relevanten Daten für ein komplett digitales Engineering bereitzustellen. Hierdurch können wesentliche Kosten und Ressourcen gespart werden, da eine parallele Entwicklung von Mechanik, Elektrik und Programmierung ermöglicht wird.

Verwaltungsschalen: Vom Konzept zur Realisierung

Um Verwaltungsschalen zu realisieren, sind einheitliche Regelungen für die Beschreibung von technischen Bauteilen und Maschinen erforderlich, sprich: Standards. Nicht umsonst bilden Verwaltungsschalen die Informationsschicht des RAMI 4.0 und werden durch die IDTA sowie die „Plattform Industrie 4.0“ immer weiter standardisiert.

Wobei die Inhalte einer konkreten Verwaltungsschale zum Teil sehr spezifisch sein können: von der Beschreibung bestimmter technischer Funktionalitäten der Komponente über die Erfassung von Parametern im laufenden Betrieb (inklusive Wartungszeitpunkten usw.) bis zu allgemeinen technischen Daten, Dokumenten wie Betriebsanleitungen, Entsorgungs- bzw. Wiederverwertungsinformationen usw.

Die Verwaltungsschale besteht dabei einerseits aus einer formalen Beschreibung des Assets in Form eines (technologieunabhängigen) „Meta-Informationsmodells“ mit verschiedenen Teilmodellen. Diese fassen unterschiedliche funktionale Aspekte einer Industrie 4.0-Komponente zusammen. Sie beschreiben dabei alle relevanten Informationen und Funktionalitäten eines bestimmten Gegenstands, von seinen Merkmalen, Eigenschaften oder Fähigkeiten über bestimmte Variablen und Parameter bis zu konkreten Zuständen und Messdaten. Eine Verwaltungsschale besteht in der Regel immer aus mehrere Teilmodelle.

Auf der anderen Seite muss der Inhalt der Verwaltungsschale und ihre konkrete Ausprägung definiert werden. Dazu werden domänenspezifische Submodell-Vorlagen bzw. Templates für Teilmodelle zur Verfügung gestellt, wie etwa zur Identifikation und Dokumentation des Assets. Auf der Grundlage übergreifender Basis-Teilmodelle, die sich auf viele Industrie-4.0-Gegenstände anwenden lassen (wie zum Beispiel Katalogdaten), können Anwender die jeweils benötigten Teilmodelle auch selbst entwickeln.

Eigenschaften von Verwaltungsschalen

1. Maschinenlesbarkeit

Die Inhalte einer Verwaltungsschale sind maßgeblich dafür ausgelegt, von Maschinen gelesen zu werden (Machine-to-Machine-Communication). Aus diesem Grund müssen Informationen (Merkmale und Werte) eindeutig definiert sein. Hierzu wird auf Klassifizierungen gesetzt. Die bevorzugte Klassifizierung der Inhalte ist eCl@ss Version 12.x oder höher. Aber auch andere Klassifizierungs-Systeme wie eTIM sind zulässig.

2. Aktive versus passive Verwaltungsschalen

Bei Verwaltungsschalen bzw. AAS unterscheidet man zwischen aktiven und passiven Varianten.

Aktive Verwaltungsschalen findet man maßgeblich bei Produkten, die über eigene Prozessoren, internen Speicher und Schnittstellen verfügen. Ein Beispiel hierfür wäre etwa ein Prozess-Sensor: Der Sensor generiert Messewerte, die intern aufbereitet und kommuniziert werden. In diesem Fall kann eine Verwaltungsschale im Sensor enthalten sein. Die Messwerte werden vom Sensor kontinuierlich in die Verwaltungsschale geschrieben. Die Verwaltungsschale kann in diesem Fall auch darauf ausgelegt sein, selbstständig mit anderen Verwaltungsschalen zu kommunizieren gemäß dem IIoT-Gedanken (vom engl. „Industrial Internet of Things“).

Passive Verwaltungsschalen findet man verstärkt bei einfachen, nicht intelligenten/ smarten Produkten. Diese verfügen in der Regel nicht über Kommunikationsschnittstellen. Als Beispiel könnte man hier Sicherungsautomaten anführen: Es können zwar Verwaltungsschalen für einen Sicherungsautomaten existieren; der Sicherungsautomat kann jedoch keine Daten in der Schale selbst beeinflussen.

3. Type- vs. Instanz-Verwaltungsschalen

Verwaltungsschalen werden darüber hinaus in Type- und Instanz-Verwaltungsschalen unterteilt.

Type-Verwaltungsschalen (oder auch Digital Threads) enthalten die übergeordneten Eigenschaften bzw. Beschreibungen eines Produkts oder einer Produktreihe und bilden immer den aktuellen Informationsstand ab. Sie werden maßgeblich im digitalen Engineering verwendet. Sie sind jedoch nicht der digitale Zwilling eines realen (gefertigten) Gegenstands bzw. Assets.

Als tatsächlicher digitaler Zwilling eines Assets gilt die Instanz-Verwaltungsschale. Sie gehört zum real gefertigten Produkt und enthält unter anderem die Seriennummer und Produktionsinformationen. Mit ihr wird der bereits erwähnte „digitale Produkt-Pass“ realisiert. Sie enthält die Informationen, die zum Produktionszeitpunkt aktuell waren (z.B. die Firmware-Version). Sollten sich später im Produktleben Änderungen ergeben, müssen sie in der Instanz-Verwaltungsschale vermerkt werden. Jedes Produkt mit einer Seriennummer erhält eine eigene Instanz-Verwaltungsschale.

Speicherung und Weitergabe von AAS

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, Verwaltungsschalen zu speichern bzw. zwischen den beteiligten Partnern weiterzugeben. Nach dem Grundgedanken von I4.0 sollen die Verwaltungsschalen innerhalb einer vernetzten Produktion aufrufbar sein. Daher sind Speicherorte in einer „Cloud“ und / oder in einer „Instanz“ die wichtigsten Anwendungsfälle. Verwaltungsschalen in einer Cloud können über eine Programmierschnittstelle bzw. API (Application Programming Interface) von Maschinen angesprochen bzw. gelesen werden.

Zugriff auf Verwaltungsschalen erhält man zum Beispiel durch ein „Digitales Typenschild“ gemäß der DIN SPEC 91406. Auf diesem gedruckten Typenschild ist ein 2D Data-Matrix-Code, QR-Tag oder RFID-Tag enthalten mit einem Link zur Instanz-Veraltungsschale in der Cloud.

Zusammenfassung: Die Verwaltungsschale im Überblick

Abschließend und zusammenfassend zu dieser kurzen Einführung zum Thema Verwaltungsschale seien hier folgende Punkte aus einer Präsentation der Initiative „Plattform Industrie 4.0“ zitiert, abzurufen u.a. auf der Website der DKE (Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE) unter dem folgenden Link.

„Die Verwaltungsschale...

  • bindet den Gegenstand in die Industrie 4.0-Kommunikation ein.
  • erlaubt den kontrollierbaren Zugriff auf alle Informationen des Gegenstands.
  • ist standardisierte und sichere Kommunikationsschnittstelle.
  • bindet „passive“ Assets (ohne Kommunikationsschnittstelle) ein, z.B. über QR-Codes.
  • ist im Netz adressierbar und identifiziert das Asset eindeutig.“

Zudem kann die Verwaltungsschale, wie oben ausgeführt,

  • aktiv oder passiv ausgeführt sein
  • im Gegenstand (Asset) oder in der Cloud hinterlegt sein.

Auf dieser Demonstrator-Website haben wir für Sie das Konzept der Verwaltungsschale schwerpunktmäßig am Beispiel eines „Digitalen Typenschilds“ für Produkte von R. STAHL mit einer Anbindung an die Cloud (sprich: diese Website) umgesetzt. Erfahren Sie mehr in der

Einführung zu diesem Demonstrator,

oder springen Sie über das Menü gleich direkt in ein konkretes Anwendungsbeispiel, bzw. in eine Verwaltungsschale.

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